Made in Germany

Gigaset setzt bei Smartphones-Produktion auf deutschen Standort

von - 10.07.2018
Made in Germany
Foto: Miriam Doerr Martin Frommherz / shutterstock.com
Smartphones aus Deutschland? Der Münchner Hersteller Gigaset probiert das im Münsterland aus. Damit sich das Experiment rechnet, müssen Roboter einen Großteil der Montage übernehmen.
Gigaset Made in Germany
Auf dem Gehäuse des Gigaset-Smartphones steht unübersehbar, wo das Gerät zusammengebaut wurde.
(Quelle: Robert Günther )
Fast lautlos zieht der Roboterarm die Miniaturschrauben an. Luisa Böing klebt zur gleichen Zeit einen Mikrodraht fest.
Wenn die 26-Jährige damit fertig ist, geht sie zur nächsten Montageposition weiter, ein weiterer Roboter übernimmt anschließend den darauf folgenden Arbeitsschritt. In Halle 33 im Bocholter Werks des Telefonherstellers Gigaset arbeiten Mensch und Maschine bei der Produktion von Smartphones Hand in Hand.
"Die Roboter sind fast wie Arbeitskollegen", sagt Böing auf dem Weg zum nächsten Handgriff. "Manchmal erwischt man sich sogar dabei, dass man sie anspricht." Anders als an einem Fließband ist die 26-Jährige nicht nur für die immer gleiche Aufgabe zuständig, sondern für die Montage eines kompletten Geräts. "60 Prozent der Arbeit machen Roboter und Maschinen, 40 Prozent ist Handarbeit", beschreibt Jörg Wissing, Leiter der Automatisierung im Werk, die Arbeitsteilung.

Made in Germany ist Alleinstellungsmerkmal für Gigaset

Gehäuse, Display, Lautsprecher, Akku - nach wenigen Minuten ist das Smartphone komplett. Dann kommt der symbolträchtige Schritt: Eine Mitarbeiterin packt das fertige Gerät in einen Pappkarton, auf dem "Made in Germany" gedruckt ist. Zehn Jahre nach dem Ende der Handyproduktion bei Nokia in Bochum werden wieder Mobiltelefone in Deutschland gebaut. Für Gigaset ist das auf dem umkämpften Markt ein Alleinstellungsmerkmal. Bisher wurden Gigaset-Handys ausschließlich in Asien gefertigt.
Gigaset ist bekannt für seine Festnetztelefone. Millionen davon dürften in deutschen Wohnungen und Büros stehen. Doch die ehemalige Siemens-Sparte hat schwere Zeiten hinter sich - gerade auch das Werk in Bocholt. Seit 1948 werden hier Fernsprecher gebaut. Zu Hochzeiten waren in Bocholt 4.000 Menschen beschäftigt, jetzt sind es noch 550.
Das klassische Geschäft mit Festnetzgeräten schrumpft. Auch zu Hause greifen immer mehr Menschen ausschließlich zum Mobiltelefon. "Wir müssen uns breiter aufstellen und neue Geschäftsfelder erschließen", folgert Finanzvorstand Stephan Mathys aus dieser Entwicklung. Der Einstieg in den Mobiltelefonmarkt soll dazu beitragen. Rund 20,6 Millionen Euro Umsatz kamen 2017 mit dem Smartphone-Verkauf zusammen, bei einem Gesamtumsatz von knapp 300 Millionen Euro. "Es ist noch ein zartes Pflänzchen", räumt Mathys ein.
Münsterland statt China - nach Einschätzung von Kai Pastuch vom Marketing-Beratungsunternehmen Roll&Pastuch kann das Konzept aufgehen. Konsumenten seien bereit, für Produkte aus Deutschland mehr Geld auszugeben oder sie bei ähnlichem Preis bevorzugt zu kaufen. Bei einer Verbraucherbefragung hätten 83 Prozent der Teilnehmer aus Deutschland gesagt, dass sie Produkte "Made in Germany" Produkten unbekannter Herkunft vorziehen würden. ""Da weiß ich was ich habe", sagen sich viele", erläutert der Fachmann für Preisbildung.
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