Cambridge Analytica

Das bleibt vom Facebook-Datenskandal übrig

von - 09.07.2018
Schloss in dunkelblau
Foto: TY Lim / shutterstock.com
Vor rund 100 Tagen sorgte der Datenskandal bei Facebook für weltweite Schlagzeilen. User wollten ihr Profil löschen, Kunden ihre Werbung stornieren. Was ist geblieben?
Rund 100 Tage ist es nun her, dass der Skandal um eine Psycho-Quiz-App namens "This is your digital Life" weltweit für Empörung sorgte. Über diese App hatte die Beratungsfirma Cambridge Analy­tica auf Facebook die Daten von Millionen von Usern abgesaugt und für dubiose Zwecke verwendet. 
Als das bekannt wurde, schmierte der Börsenkurs von Facebook ab, User und Werbekunden übten lautstark Kritik. Der Hashtag #deletefacebook machte die Runde. Unternehmen wie Tesla, Sonos, Mozilla, die Commerzbank, Dr. Oetker und andere verkündeten, sich von Facebook zu verabschieden oder ihre Werbeausgaben erst einmal einzufrieren. 
Inzwischen aber scheint sich die Lage beruhigt zu haben. Cambridge Analytica ist pleite, Mark Zuckerberg hat sich mehrfach öffentlich entschuldigt, eine Imagekampagne gestartet und tatsächlich bei Facebook an den Einstellungen zur Privatsphäre geschraubt. Die User sind beim Thema Datenschutz zwar hellhörig geworden, ohne aber wirklich Konsequenzen zu ziehen. Gerade mal gut 4.000 Suchanfragen, wie man seinen Facebook-Account löschen kann, zählte der Online-Marketing-Spezialist Semrush im kritischen Monat März. Und auch eine Yougov-Umfrage, die kürzlich veröffentlicht wurde, belegt: Nur etwa ein Fünftel der User würde sich von einer Plattform abmelden, wenn diese immer wieder mit Datenlecks zu kämpfen hat.

Mozilla bleibt Facebook weiter fern

Bleibt die Frage: Sind auch die Werbungtreibenden zum Business as usual zurückgekehrt? Wer auf Facebook beispielsweise nach Tesla Motors sucht, wird zwar fündig, landet aber offenbar nicht auf der offiziellen Seite des Unternehmens. Die scheint nach wie vor abgeknipst zu sein. Der Unterhaltungselektronikhersteller Sonos ist dagegen schon eine Woche nach seiner Auszeit mit Werbeanzeigen wieder zu Facebook zurückgekehrt. Nur Mozilla macht nach wie vor Ernst. "Wir schalten immer noch keine Werbung auf Facebook", so das Unternehmen gegenüber INTERNET WORLD BUSINESS. 
Als Begründung verweist Mozilla auf neuerliche Datenlecks bei Facebook. Die "New York Times" hatte erst vor ein paar Tagen von einem weiterhin sorglosen Umgang mit privaten Daten auf Facebook berichtet, was Mozilla gegen den Strich ging. In einem Blogpost schrieb das Unternehmen: "Das zeigt uns, dass Facebook noch eine Menge tun muss, um mit seinen Usern ins Reine zu kommen und ihnen klar zu sagen, wer ihre Daten hat." Einiges deute darauf hin, dass Facebook noch eine Menge lernen müsse.

Commerzbank beendet Werbepause

So kompromisslos wie Mozilla scheint allerdings sonst kein Werbekunde zu sein. Die Commerzbank zählte zu den Unternehmen, die sehr frühzeitig ihre Werbung auf Facebook gestoppt haben. Inzwischen aber ist das Finanzinstitut auf der Plattform mit Werbeanzeigen wieder präsent. "Für die Commerzbank ist der transparente und gesetzeskonforme Umgang mit den Daten von Nutzern und Geschäftspartnern eine zwingende Voraussetzung für die Zusammenarbeit mit Facebook", sagt Uwe Hellmann, Leiter Brand Management. "Zu einigen Punkten haben wir noch Nachfragen, aber grundsätzlich haben wir auf dieser Basis unsere Werbepause beendet."
Das Beispiel fügt sich in das Gesamtbild, das die Agentur Socialbakers von der Si­tu­a­tion zeichnet. Der Social-Media-Spezi­a­list bemerkte unmittelbar nach Bekanntwerden des Cambridge-Analytica-Skandals eine kurze Zurückhaltung unter Usern und Werbekunden. Danach habe sich alles schnell wieder auf vorherigem Niveau eingependelt, so Moses Velasco, Chief of Strategy bei Socialbakers. Länger anhaltende Irritationen habe es so gut wie keine gegeben.
Das liegt vor allem an der starken Marktstellung von Facebook, mit der die Plattform für Werbungtreibende so gut wie unverzichtbar ist. Zwar erwächst ihr gerade in Instagram - vor allem in den Bereichen Beauty, Fashion und Retail - mächtig Konkurrenz. Doch vor allem die großen Markenartikler haben häufig einen millionenschweren Freundeskreis auf Facebook. Da wäre es schon eine Entscheidung von allerhöchster Tragweite, wenn dieser direkte Kanal zu den Kunden einfach so gekappt würde. "Facebook ist mit seiner großen Basis eine starke Plattform, um uns mit Nutzern und Interessenten auszutauschen und sie über unsere Produkte und Services zu informieren", unterstreicht Sabine Kloos, Director Brand & Marketing Communications bei Tele­fónica Deutschland. "Beim Einsatz von Fremdplattformen achten wir aber sehr genau auf die Bedürfnisse unserer Kunden und den Schutz ihrer Daten."
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