Stammdaten managen und optimieren

Problem Einheitlichkeit

von - 19.04.2018
Digitale Geschäfte
Digitale Geschäfte: Beim Umgang mit Kunden- und Produktstammdaten setzen die befragten Handelsunternehmen unterschiedliche Prioritäten.
(Quelle: Quelle: Lünendonk (n = 55) )
Wichtigstes Qualitätsmerkmal von Daten ist Einheitlichkeit. Doch nur wenige Unternehmen sammeln Daten nach eigenen Regeln oder nach Kriterien des GS1-Standards, der für Prozesse entlang der Wertschöpfungskette entwickelt wurde und die Identifizierung von Waren, ihre Erfassung sowie die Kommunikation der Systeme und Abteilungen vereinfacht. Im Alltag erhebt jede Abteilung, häufig genug auch noch mit favorisierten Tools, die Zahlen und Fakten, die sie zur Bewältigung ihrer Aufgaben benötigt.
Einheitlichkeit setzt sich oft nur dort durch, wo Querschnittabteilungen wie Controlling, Finanzen oder IT ­Regeln oder Formulare vorlegen. Silodenken erschwert die Harmonisierung. Bestes Beispiel ist die Konkurrenz zwischen Einkauf und Vertrieb. Ist das Unternehmen auch noch international aktiv, potenziert sich das Datenchaos allein durch Rechnungswesen oder Adressen, die von Land zu Land unterschiedlich gehandhabt werden. Generell gilt: Wenn Produkte im Unternehmen lange Wege nehmen und bis zur Auslieferung von vielen Stellen bearbeitet werden, mindert das die Qualität der ­erfassten Daten. Im Modehandel zum Beispiel entsteht so eine Fehlerquote von bis zu 20 Prozent.

Regeln für bessere Daten

Doch die Digitalisierung, die Verzahnung von Geschäften sowie die Reorganisation technischer Systeme zwingen jetzt zur Pflege und fordern Regeln für eine effiziente Erfassung. Diese sollten abteilungsübergreifend und nicht nur von der IT entwickelt werden, denn jeder Unternehmensbereich wertet spezifische Kombinationen aus und will Eigenständigkeit bewahren. Die IT kann hier die ­Initiative ergreifen. Um aber das Ressortdenken zu überwinden, muss die Führungsebene mit an Bord sein. Ein professionelles Datenmanagement (Data Governance) fördert nicht nur einen bewussten Umgang mit Daten, sondern sensibilisiert auch für Sicherheit und Datenschutz.
Steht der Anforderungskatalog für die Erfassung der Daten und das unternehmensweite Datenmanagement, können danach die Bestände überarbeitet, vereinheitlicht und von Dubletten befreit werden. Das ist eine Aufgabe, die Geduld und hundertprozentige Sorgfalt erfordert und auf Dauer die ganze Organisation beansprucht. Orientierung gibt hier eine Prioritätenliste, die Datensätze nach ihrer Bedeutung fürs laufende Geschäft rankt und damit Projektarbeit oder das Outsourcing an entsprechende Dienstleister steuert.
Stammdaten im Omnichannel
Beim Vorbereiten von Prozessen und Technologien für den Omnichannel spielen Stammdaten eine zen­trale Rolle.
Warenwirtschaftssysteme speichern auch Kunden- und Produktdaten, doch E-Commerce oder Kundenmanagement stellen andere Anforderungen. Für die Datengenerierung sollte es bei der Koordination mehrerer Systeme möglichst wenige Schnittstellen geben. Ideal sind Product-Information-Management- (PIM) oder Digital-Assets-Management-Systeme (DAM), ­eine Art Content-Management-System für Produktinhalte und -beschreibungen. Sie enthalten alle Infos für die Präsentation an allen Touchpoints zum Kunden. Die Stammdaten auf Basis des Enterprise Resource Plannings (ERP) können in der Regel in das PIM-System exportiert und dort für Webshop oder Katalog mit weiteren Dateien, Bildern, Videos und Inhalten kombiniert werden.
PIM verarbeiten also deutlich mehr ­Daten als ERP-Systeme, sollten aber in einer zentralen Quelle (Repository) verwaltet werden. Für eine schnellere und treffsicherere Suche und eine daraus resultierende höhere Conversion Rate im Webshop braucht es einheitliche Attribute für die Produktdaten in E-Commerce-Systemen. Auch eine nicht hierarchische Suche sollte möglich sein.
Die Stammdaten sowohl in den ERP- als auch den E-Com­merce-Systemen aktuell und einheitlich zu halten, ist die größte Herausforderung. ­PIM-Systeme sind eigenständig oder in die Shop-Lösung integriert. Häufig müssen Produktdaten aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden können – etwa aus der Sicht des Verbrauchers oder Großhandelskunden. Auch Kundenstammdaten fallen in ERP- sowie in Shop-Systemen an und müssen für Prognosen zusammengeführt und analysiert werden können. Hier ist die Kontrolle des Datenflusses wichtig, da in mehreren Systemen Änderungen gemacht werden können, die wiederum auf alle existierenden Datenbanken verteilt und aktuell gehalten werden müssen. Die Verbesserung von Stammdaten erfordert nicht immer neue Systeme und Prozesse, doch je effizienter die Prozesse und Technologien, desto geringer der Aufwand und die Fehlerquote beim Daten-Handling.
Bei der Bereinigung und Pflege von ­Datenbeständen helfen Automatisierungs-Tools durch ein umfassendes Screening der Daten, Dubletten zu erkennen, unvollständige Datensätze herauszufiltern und mit einer einfachen Bedienoberfläche Fehler zu bereinigen, redundante Daten zusammenzuführen sowie obsolete Daten­sätze zu löschen.
Noch fehlt in vielen Teilen der Wirtschaft die Einsicht, dass Daten ein strategisches Hilfsmittel und daher sorgfältig zu pflegen sind. Hier müssen die Zusammenhänge zwischen fehlerhaften Stammdaten und sich anschließenden fehlerhaften Analysen, die auf diesen Stammdaten basieren, aufgezeigt und verständlich gemacht werden.
Nach unserer Beobachtung sammeln Händler und Unternehmen gegenwärtig aus allen ihnen zur Verfügung stehenden Systemen Daten. Schlauer werden sie dadurch allerdings nicht, vermutlich eher weniger. Nicht jeder Datensatz erhellt das Geschäft, aber jeder bindet Zeit und Geld für die Analyse und die Bewertung. Wer Daten jedoch gezielt und im erforderlichen Ausmaß erfasst und pflegt, tut viel für den Verbraucher- und Datenschutz und kann daraus Wissen für Prozesse und Geschäfte ziehen.
Fünf Fragen zur Datenstrategie
  • Welche Kundendaten benötigen wir für unser Unternehmen? Je nach Geschäftsmodell und Sortiment unterscheidet man zwischen Verbrauchern und Großkunden, nach Wünschen und demografischen Merkmalen.
  • Welche Grunddaten sind relevant für mein Geschäft? Neben Kundendaten sind auch Lieferanten- sowie Produktdaten von hoher Bedeutung für den Handel.
  • Welche Daten optimieren den Service eines Unter­nehmens? Abverkaufs- und Nutzungsdaten verweisen auf den Erfolg von Produkten und ermöglichen die Pro­filierung des Sortiments.
  • Welche Bewegungsdaten sind langfristig relevant?
    Die Verweildauer im stationären Geschäft und im Online-Shop sowie Bon-Daten, die bis zu fünf Jahre fortgeschrieben werden, sind hier besonders wichtig.
  • Welche statistischen und demografischen Daten ergänzen die internen? Zugekaufte Daten beschreiben das Verhalten von Zielgruppen und verweisen auf Kaufeinflüsse wie Wetter oder Preisgestaltung.
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