Digitalisierung löst viel blinden Aktionismus aus

Neue Führungsmechanismen

von - 30.08.2019
com! professional: Erleben Sie denn auch Nachteile der neuen Führungsmechanismen?
Camuso: Natürlich haben wir Anlaufschwierigkeiten und Dinge erscheinen auf den ersten Blick „umständlicher“. Durch die verteilte Kompetenz ist es nötig, mit mehreren Personen zu sprechen, um ein genaues Bild von einem Thema zu erhalten, da nicht mehr alles bei einem „Bereichsleiter“ gebündelt ist. Das ist gewöhnungsbedürftig.
com! professional: Mit welchen Themen gehen Sie heute hauptsächlich in den Schweizer Markt?
Camuso: Die Basisthemen sind Managed Infrastructure inklusive Outsourcing und Public Cloud. Beides macht heute etwa 70 Prozent des Geschäfts aus. Weitere stark wachsende Felder sind SAP, Digital Solutions, Security und schließlich Telekommunikation.
com! professional: Welches sind zukünftige Themen im Schweizer Markt? Welche eher nicht?
Camuso: Vielen Unkenrufen zum Trotz glaube ich an gutes Wachstum im klassischen Outsourcing-Geschäft. Denn noch immer sind viele Applikationen nicht cloudfähig und diese abzulösen wird seine Zeit brauchen, zum einen aus technischen Gründen, zum anderen, weil sich der Case nicht rechnet. Ich bin überzeugt, dass eine Mischung aus Private und Public Cloud noch immer ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten kann. Wir bauen unser Know-how und unsere Dienstleistungen weiter aus, um die Kunden in diesem hy­briden Umfeld bestmöglich zu unterstützen.
Hinzu kommt die Ressourcenfrage: Die Kunden benötigen für die Digitalisierung alle ihre Mitarbeiter. Insbesondere die IT hat heute keine Zeit mehr, sich um die Commodity zu kümmern. V-Zug ist hier ein gutes Beispiel: Der Hauptgrund für den Outsourcing-Entscheid waren nicht in erster Linie die Kosten, sondern die verfügbaren Mitarbeiter. Der Verwaltungsrat wollte das Know-how der Mitarbeiter vorrangig nutzen, um es für die neuen Themen ein­setzen zu können. Der Outsourcing-Partner sollte neben der Entlastung von der Commodity dem Konzern auch dabei helfen, die Digitalisierung voranzutreiben.
com! professional: Schweizer Kunden haben bei T-Systems die Wahl zwischen den Standorten Schweiz, Deutschland, Europa oder global. Oder ist diese Frage womöglich gar nicht mehr so relevant für Schweizer Kunden?
Camuso: Das Thema ist viel weniger relevant als noch vor drei Jahren. Entsprechend hat T-Systems auch seine Strategie verändert. Wir bieten Kunden eine Menükarte und die Beratung dazu an, damit sie ihre Anforderungen abdecken können. Transparent ersichtlich ist, was den Unterschied macht, wenn aus der Schweiz oder aus dem Ausland die Leistung bezogen wird. Oft wählen Kunden einen Mix - sensible Daten werden in der Schweiz gehostet, der Rest am kostengünstigsten Ort. Die Schweizer Organisation der T-Systems verdient in allen Fällen gleich viel, weshalb wir wirklich neutral beraten können.
Nun gibt es Kunden, für die der Preisunterschied kein entscheidendes Kriterium ist. Sie kalkulieren zusätzlich noch mit den Ausgaben für die Telekommunikation und der längeren Latenzzeit bei geschäftskritischen Applikatio­nen. Andere große Kunden wie etwa Georg Fischer haben sich für den Standort Deutschland entschieden.
com! professional: Ein prominenter Outsourcing-Neukunde ist V-Zug. Wo lagern seine Daten zukünftig?
Camuso: V-Zug setzt zunächst auf den Standort Schweiz. Allerdings gibt es hier auch die Option wie bei anderen Kunden, einen kleinen Teil der Daten in der Schweiz zu behalten und über die Auslagerung des Großteils der Ressourcen nach Deutschland einen Preisvorteil zu erzielen. Weder V-Zug noch ein anderer Kunde muss die Frage aber sofort und endgültig beantworten. Ein Wechsel ist auch später immer noch möglich.
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