Die Digitalisierung zum Erfolg führen

Aufgaben für CTO, CIO & Co.

Ein Unternehmen kann die digitale Transformation nicht beliebig auf die lange Bank schieben, ohne die Produktivität und die langfristige Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr zu bringen. Zugleich bringt die Umstellung eines Betriebs auf eine neue Technologie stets ein gewisses Risiko mit sich, vor allem, weil bei der Implementierung der Faktor Mensch eine mitentscheidende Rolle spielt.
DB setzt auf die Analyseplattform DIANA
Transformierte Schienen: Die DB Netz setzt die Analyseplattform DIANA zur Weichendiagnose ein.
(Quelle: Deutsche Bahn / Stefan Klink)
So sieht Richard Fichera, VP & Principal Analyst Infrastructure & Operations bei Forrester Research, vor allem dort eine Gefahr, wo sich IT-versierte Entscheider vorrangig für die technische Seite begeistern und die organisatorischen Aspekte der digitalen Transformation aus dem Blick verlieren. Dabei sei es unerlässlich, den Menschen und die Betriebsabläufe mit der Technologie in Einklang zu bringen.
„Ich habe Fälle gesehen, in denen die Führung eine ex­zellente Technologie implementierte, aber nicht die notwendigen Änderungen an Prozessen und an der Betriebsstruktur vorgenommen hat und so konnte das Unternehmen im Endeffekt von der Umstellung einfach nicht profitieren.“
Eine digitale Transformation, die nur im „Elfenbeinturm“ des CIOs oder CDOs stattfinde, sei zum Scheitern verurteilt, bestätigt auch Gérard Richter von McKinsey.
Den Wandel zu verschlafen, könnte die Existenz des Unternehmens gefährden, wie schon viele, scheinbar unverwundbare Unternehmen von Nokia bis Kodak erfahren mussten. In der Ära des umwälzenden technologischen Wandels können technisch versierte Start-ups und Mitbewerber auch und gerade aus dem Mittelstand mit innovativen Lösungen und wandlungsfähigen Wertschöpfungsketten sogar die traditionsreichen Marktführer auf einmal gewaltig unter Druck setzen. Die Fähigkeit, schnell auf Marktveränderungen zu reagieren, sei im Kontext der digitalen Transformation „die unmittelbarste Herausforderung hoher Ordnung“, betont deshalb Richard Fichera.

Agile Budgetierung

Die Abwägung zwischen den unmittelbaren Vorteilen kurzfristig erzielbarer Geschäftsergebnisse und der Maximierung des Potenzials künftiger Wertschöpfung stellt für die Führungsetagen in der Zeit des digitalen Wandels einen ganz besonders schwierigen Balanceakt dar.
„Die klassische Finanzplanung in Jahreszyklen hat ausgedient“, ist sich McKinsey-Mann Gérard Richter sicher. Investitionen in die Digitalisierung von Produkten, Dienstleistungen und Prozessen würden nicht so funktionieren; vielmehr funktionierten sie über Budgets. Die weitere Finanzierung sollte dann agil, dezen­tral und flexibel entschieden werden.
Forrester-Analyst Fichera wiederum erkennt in diesem Anpassungsprozess zwei Phasen. Zunächst einmal müssten der CIO und der CTO ein tiefes Verständnis für die Wertschöpfungskette des Unternehmens entwickeln, sich über die geschäftlichen Anforderungen ihres Unternehmens im Klaren sein und dessen einzigartige Wettbewerbsvorteile ins Auge fassen. 
„Sobald sie diese Art von Wertschöpfungskette etabliert haben (…), müssen sie auch noch ihre Anpassungsfähigkeit an [unerwartete] Veränderungen ehrlich einschätzen.“ Gerade diese Wandlungsfähigkeit stelle im Zusammenhang mit technologischen Veränderungen eine große Herausforderung dar. Der CTO müsse daher den eigenen „architektonischen Bauplan“ durchschauen, so Fichera. „Wenn Sie den Sollzustand des angestrebten Endspiels nicht genau festhalten, können Sie niemals begreifen, wo Sie sich im Verlauf dieser Transformation befinden, und Sie können Ihren Fortschritt nicht messen.“ Beides seien aber mit die wichtigsten Voraussetzungen für ein anpassungsfähiges Unternehmen. Leichter gesagt als getan.
Experten-Einschätzungen: So ändert sich die Aufgabe des CTOs und CIOs
Drei Blickwinkel auf die geänderten Aufgaben von CTO und CIO:
Gérard Richter (McKinsey): Der CIO muss auch zum Talentmanager werden, um die nötigen Digitalexperten an Bord zu holen. Deshalb sollte der CIO die Sprache der digitalen Avantgarde sprechen und ihre Motivation und Ziele kennen – auf diese Weise kann er glaubwürdig den Wandel des Unternehmens verkörpern.
Hartmut König (Adobe): Die Rolle von IT-Verantwortlichen ist im Kontext der Digitalisierung vielseitiger und anspruchs­voller geworden. Mehr denn je gehört es heute zu den Aufgaben des CIOs und CTOs, die Transformation im Unternehmen voranzutreiben, damit strategische Geschäftsziele besser erreicht werden können. Schließlich sind die Auswirkungen digitaler Technologien enorm und jeder Geschäftsbereich ist betroffen, das reicht vom Personalwesen bis zur Buchhaltung und vom Marketing bis zum Einkauf.
Richard Fichera (Forrester Research): Die Aufgabe des CTOs besteht in Zukunft darin, die technologischen Ressourcen des Unternehmens strikt in den Dienst der geschäftlichen Anforderungen zu stellen.
Der CTO wird schnell handeln müssen. Das Letzte, was er brauchen kann, ist eine Technologie, die das Unternehmen auf der Stelle fesselt; die Technologie sollte unbemerkt austauschbar sein.
Doch damit hat sich die Sache noch lange nicht erledigt. Wer diese anfänglichen Herausforderungen einmal hinter sich ge­lassen hat, muss zusätzlich kontinuierlich darüber nachdenken, wie sich das Unternehmen in eine agile Organisation verwandeln könnte und wie sich diese Agilität in die täglichen Geschäftsabläufe integrieren lässt, damit sie nicht bloß einen Ausnahmezustand darstellt.
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