Digitaler Wandel braucht Change-Management

Im Gespräch mit Guido Aehlen von operational services

von - 06.03.2020
Guido Aahlen
Guido Aahlen: Bereichsleiter Consulting & Development bei operational services
(Quelle: operational services)
Change-Management ist in Zeiten der Digitalisierung ein wichtiges Thema. Die Märkte verändern sich - und auch die Unternehmen müssen sich wandeln. Doch wie laufen solche Change-Prozesse in Unternehmen ab?
com! professional spricht darüber mit Guido Aehlen, Bereichsleiter Consulting & Development beim IT-Dienstleister operational services, einem Joint Venture zwischen Fraport und T-Systems.
com! professional: Herr Aehlen, die Märkte ändern sich rasant und zwingen die Unternehmen, darauf zu reagieren und sich zu wandeln. Kann ein Unternehmen heutzutage überhaupt noch ohne Change-Management erfolgreich geführt werden?
Guido Aehlen: Viele Unternehmen haben erkannt, dass wesentliche Veränderungen im Unternehmen ein professionelles Change-Management benötigen. Eine tief greifende Software-Einführung, die Umstellung der Produktionsweise oder die Neuausrichtung der Unternehmensstrategie müssen professionell eingeführt und kontinuierlich begleitet werden - auch in der Kommunikation.
Der Markt bestätigt diese Entwicklung, denn es gibt mittler­weile viele Beratungsfirmen auf diesem Gebiet, Unternehmen mit eigenen Change-Abteilungen und auch immer mehr Change-Manager.
Erfolgreiche Veränderungsprozesse sind unweigerlich mit einer professionellen Begleitung durch interne oder externe Experten verknüpft. Studien haben gezeigt, dass rund 65 Prozent der unbegleiteten Changes in Unternehmen scheitern. Durch den Einsatz eines durchdachten Change-Managements steht am Ende nicht nur ein erfolgreiches Veränderungsprojekt, sondern zusätzlich auch Kosten- und Zeitersparnis.
com! professional: Was sind denn Ihrer Erfahrung nach klassische Veränderungsprojekte in Unternehmen?
Aehlen: In Bezug auf Veränderungsprojekte haben wir es bei mittelständischen Unternehmen und Konzernen am häufigsten mit der Einführung von Software oder Projekten für das Outsourcing zu tun. Für die betroffenen Mitarbeiter ändern sich dabei gewohnte Arbeitsabläufe, was einen großen Einfluss auf den Arbeitsalltag und die Zusammenarbeit mit Kollegen haben kann. Hier ist es wichtig, den Betroffenen Sicherheit zu geben, damit sie die Veränderung motiviert mitgehen und Reibungsverluste durch Fehler oder Abwehrhaltungen minimiert werden.
com! professional: Apropos Mitarbeiter - wie gewinne ich die am besten für anstehende Change-Prozesse? Veränderungen begleiten uns ja überall, warum tun wir uns vor allem in beruf­lichen Zusammenhängen damit so schwer?
Aehlen: Jeder kennt die guten Vorsätze an Silvester: mehr Sport treiben, auf eine gesunde Ernährung umstellen. Und auch, wie schwierig es ist, diese persönlichen Ziele in die Praxis umzusetzen, kennen viele. Noch schwieriger wird es, wenn es um Ziele geht, die die jeweilige Person eher indirekt betreffen oder die nicht vollständig verstanden werden.
So ist es auch bei Veränderungsprojekten im Unternehmen: Nur wenn für jeden Einzelnen klar ist, warum die Veränderung wichtig ist und wie jeder seinen persönlichen Beitrag leisten kann und soll, wird der Change gelingen. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor hierfür ist transparente Kommunikation und das frühzeitige, aktive Einbinden der Mitarbeiter in den Veränderungsprozess, um so die Akzeptanz zu erhöhen.
com! professional: Wie früh sollte die Belegschaft involviert werden? Und welche Kommunikationsmethoden bieten sich Ihrer Erfahrung nach dafür an?
Aehlen: Die Belegschaft sollte so früh wie möglich involviert werden, um die Akzeptanz für das Projekt nicht zu gefährden. Kopfgeburten des Managements, die von oben durchgedrückt werden,
enden meist kontraproduktiv. Frühzeitige Einbindung und klare Kommunikation sind der Schlüssel für gutes Change-Management. Von der Town Hall über persönliche Frühstücksformate oder den klassischen Newsletter: Methoden und Kanäle der Change Communication sind so vielfältig wie ihre Zielgruppen und werden in­dividuell je nach den jeweiligen Bedürfnissen und Rahmenbedingungen ausgewählt.
com! professional: Aber ein Zuviel an Kommunikation kann auch schädlich für das Betriebsklima sein …
Aehlen: Sicherlich gibt es während eines Projekts auch Situationen und Phasen, in denen keine neuen Ergebnisse oder Updates vorliegen. Aber auch dann können die Verantwortlichen dies transparent mitteilen und so der Gerüchteküche und dem Flurfunk vorbeugen. Dabei spielt die Wahl der Medien natürlich eine entscheidende Rolle, um die Zielgruppen erfolgreich zu erreichen und Besitzer von ohnehin überfüllten E-Mail-Postfächern nicht zusätzlich mit wöchentlichen Newslettern zu überlasten.
Zu viel abgestimmte Kommunikation über verschiedene Kanäle gibt es nicht, die Botschaften sollten allerdings gut aufeinander abgestimmt und konsistent sein.
com! professional: Sie haben Kopfgeburten des Managements angesprochen, die von oben durchgedrückt werden. Wie wichtig sind eine starke Führung und klare Ziele - im Gegensatz etwa zu Workshops, in denen gemeinsam Lösungen für Veränderungen erarbeiten werden?
Aehlen: Die Vision der Veränderung muss klar definiert sein: Wa­rum findet die Veränderung statt? Hier spielt das Management eine zentrale Rolle. Nur wenn klar ist, wohin die Reise gehen soll, und das Management geschlossen hinter der gemeinsamen Vision steht, kann diese erfolgreich in das Unternehmen getragen werden. An dieser Vision können Mitarbeiter aus den verschiedensten Abteilungen mitgewirkt haben. Wichtig ist, dass es ein gemeinschaftliches Verständnis der Vision gibt, die in letzter Instanz vom Management getragen wird.
com! professional: Welche Rolle spielen sogenannte Change Agents, also Mitarbeiter aus den verschiedenen Abteilungen, die Führungskräfte bei den Veränderungsprozessen unterstützen?
Aehlen: Die Rolle der Change Agents ist essenziell. Gerade Kolleginnen und Kollegen aus dem eigenen Umfeld wissen am besten, was die Mannschaft bewegt, und können als Multiplikatoren großen Einfluss auf die Kollegen haben.
Wichtig ist allerdings, diese Change Agents nicht mit ihrer Rolle alleinzulassen. Ein professionelles Change-Management plant die Phasen des Changes und stellt den internen Change Agents die in jeder Phase notwendigen Informationen und Hilfs- beziehungsweise Kommunikationsmittel zur Verfügung.
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