Der Cloud fehlt es an Transparenz

De-facto-Standard AWS

von - 11.07.2017
Wenn man einen Blick auf den aktuellen Cloud-Markt wirft, dann fällt auf, dass der Online-Shopping-Riese Amazon mit seiner Tochter Amazon Web Services (AWS) mittlerweile „der“ Big Player im Cloud-Markt ist. Laut einer Marktanalyse der Synergy Research Group vom Oktober letzten Jahres sahnte Amazon im dritten Quartal 2016 im weltweiten Public-Infrastructure-as-a-Service-Markt satte 45 Prozent der weltweiten Umsätze ab. Das ist mehr als doppelt so viel wie die drei Nächstgrößten – Google, IBM und Microsoft – zusammen.
Kaum ausgewogener war das Marktverhältnis bei den Public-Platform-as-a-Service-Diensten. Hier entfielen zwar nur rund 30 Prozent der Umsätze auf Amazon – die nächstgrößeren Mitbewerber IBM, Microsoft und Salesforce kamen jedoch ebenfalls zusammen nur auf gut 30 Prozent.
Für Software-Entwickler im Cloud-Umfeld gehört daher die Unterstützung für Amazons-AWS-APIs mittlerweile wohl zu den Kernanforderungen, um die man nicht mehr herumkommt.
Roland König

Geschäftsführer Bechtle IT-Systemhaus München/
Regensburg und Leiter des Geschäftsfeldes Virtualisierung
Foto: Bechtle
„Unternehmen standen schon immer in einer gewissen Abhängigkeit zu Plattformen oder Herstellern, was sich auch in der Cloud nicht vollständig ändern wird.“
Amazon Web Services ist nicht nur die Nummer eins bei den Marktanteilen, sondern auch spitze, was den Umfang des Cloud-Angebots angeht. Mehr als 70 AWS-Dienste vom Speicher über Datenbanken bis hin zu Analytic-Tools decken fast alle denkbaren Anwendungsfälle ab.
Vor allem der Speicher-Dienst Amazon Simple Storage Service, kurz Amazon S3, hat sich als Standard für Object-Storage etabliert, an dem sich inzwischen viele andere Anbieter von Cloud-Diensten orientieren. „Durch die weite Verbreitung von Amazon S3 als ,De-facto-Standard‘ für Object-Storage haben natürlich auch andere Cloud-Anbieter und Storage-Hersteller nachgezogen und bieten schon länger ebenfalls Object-Storage als neue Speicheroption. Dies gilt auch für APIs, hier hat Amazon sicherlich Quasi-Standards gesetzt, an denen andere sich orientieren“, so Rudolf Hotter von Cancom.
Zur Erklärung: Amazon S3 ist ein Speicher-Dienst, in dem man theoretisch beliebig große Datenmengen ablegen kann. Er verwendet einen objektbasierten Ansatz, daher die Bezeichnung Object-Storage. Die sogenannten Objekte beinhalten wie herkömmliche Dateien Daten. Im Gegensatz zu Dateien sind Objekte allerdings nicht in einer Hierarchie organisiert. Jedes Objekt befindet sich auf derselben Hierarchie-Ebene. S3 eignet sich als primärer Speicher für cloud­native Anwendungen oder als sogenannter Data Lake.
Problem Vendor-Lock-in
Der Wechsel eines Cloud-Anbieters ist häufig nicht ohne Weiteres möglich. Vielfach sind die Dienste der Anbieter untereinander inkompatibel.
Das betrifft alle Varianten von Infrastructure as a Service (IaaS) über Platform as a Service (PaaS) bis hin zu Software as a Service (SaaS). Es besteht die Gefahr eines Vendor-Lock-ins, der Abhängigkeit von einem Hersteller.
Wenn man sich als Unternehmen für einen oder mehrere Cloud-Anbieter entscheidet, sollte man daher in jedem Fall bereits im Vorfeld eine mögliche Exit-Strategie mit seinen Cloud-Anbietern abklären. Vor allem bei SaaS-Diensten, bei denen man häufig nur Zugriff über eine proprietäre Weboberfläche hat, sollte man wissen, wie es mit der Interoperabilität aussieht. Besteht jederzeit die Möglichkeit, auf die Rohdaten in der Cloud zuzugreifen? Und falls ja, in welchem Format liegen die Rohdaten vor?
„Die Gefahr eines Vendor-Lock-ins ist grundsätzlich vorhanden, lässt sich aber vermeiden: Indem man einen Service-Provider wählt, der herstellerneutral berät und durch die richtige Orchestrierung dafür sorgt, dass es erst gar nicht zur Abhängigkeit von einer bestimmten Technologie kommt“, lautet der Rat von Olaf Reimann von Operational Services. Seiner Einschätzung nach brauchen Cloud-Kunden in jedem Fall das richtige Framework, mit dem sie die eingesetzten Clouds selbst orchestrieren und verwalten können. So ließen sich Abhängigkeiten ausschließen und Unternehmen profitierten von den Vorteilen einer hybriden Cloud-Landschaft.
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