Wenn Chatbots Nutzern unheimlich werden

Avatar als Akzeptanzhürde

von - 10.10.2019
Der KI-Experte meint dazu: „Bei ­Akzeptanzstudien beobachtet man, dass das Vertrauen von Menschen in Chatbots steigt, sobald gute Chat-Technologie mit einfachen Avataren kombiniert wird.“ Werte von 50 bis 60 Prozent werden diesen Studien zufolge erreicht. Doch wenn dann Avatare immer menschenähnlicher werden, nimmt das Vertrauen erstaunlicherweise wieder ab.
Der Nutzer hat dann das Gefühl, beispielsweise mit einem Zombie oder ­einem Untoten zu reden - eben der Effekt des „Uncanny Valley“. Das hat sofort Auswirkungen auf das Vertrauen: Es sinkt auf 10 bis 30 Prozent. Erst wenn der Avatar sehr gut ist und dem Menschen sehr gleicht, steigt das ­Vertrauen wieder auf Werte von über 60 Prozent. „Insofern ist es wichtig, dass die Gesamtlösung so optimiert wird, dass die Nutzerakzeptanz am höchsten ist“, resümiert der IBM-Manager.
Wenn Roboter dem Menschen also zu ähnlich werden, sinkt die Akzeptanz. Wie können Händler nun verhindern, dass ihr Chatbot als gruselig wahrgenommen wird? Für Hildesheimer ist die Lösung die, dass der Chatbot auf die Nutzergruppe hin optimiert werden sollte: „Techniker, die auf einer Ölplattform Pumpen warten, erwarten eine schnelle und sachlich genaue Antwort ohne viel ‚Spielerei‘. Ein Chatbot, der in einer Einkaufsstraße ­Luxusprodukte für junge Käufergruppen anpreist, mag das Gegenteil sein.“ Hier liegt das Schwergewicht der Lösung auf einem großen, ­unterhaltsamen optischen Effekt und nicht auf einer dürren, wenn auch zutreffenden Information. Aus diesem Grund, so meint der Experte, sollte die Gesamtlösung immer unter Berücksichtigung der Nutzergruppe und dem gewünschten Ziel gestaltet werden.

Erst einmal klein anfangen

Wolfgang Hildesheims Rat an Händler, die einen Chatbot optimal einsetzen wollen, lautet deshalb denn auch, das Ganze Schritt für Schritt anzugehen: „Bei jedem Schritt lernt man etwas. Zum Beispiel kann man einfach einen ersten ­eigenen Chatbot bauen mit Watson Assistant und einigen wenigen Intents (Nutzerabsichten).“
In einem nächsten Schritt könne man den Chatbot in weitere Plattformen einbinden, etwa Smartphone-App oder Social-Media-Kanal. Besonders bei Mobile-Anwendungen hält Hildesheim eine Sprachsteuerung für sinnvoll.
Der letzte Schritt ist dann die Kombination mit einem Avatar. Der sollte allerdings hinsichtlich des „Uncanny Valley“-Effekts mit Bedacht ausgesucht werden. Hier gilt ganz eindeutig die Devise: Weniger - also eine einfache, reduzierte Darstellung - bewirkt oft mehr als ein hyperrealistisches Gesicht. 
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