Fake-News-Seiten: Lügen als Geschäft
Erfundene News aus Mazedonien
von Frank Kemper - 13.12.2016
Überraschend häufig verfolgen die Macher von rechtslastigen Hate Pages gar keine politische Agenda. Es geht ihnen schlicht ums Geld. So deckte das mazedonische News-Portal Meta.mk unlängst auf, dass sechs der reichweitenstärksten Websites, die im US-Wahlkampf mit falschen Meldungen Stimmung für Donald Trump und gegen Hillary Clinton machten, in der mazedonischen Kleinstadt Veles produziert werden. So steckt etwa hinter der Website Usadailypolitics.com ein 22-jähriger Informatikstudent namens Teodor Indov.
Den Meta-Journalisten erzählte der Student seine Beweggründe: "Ich habe mich gefragt, was die Amerikaner am meisten interessiert, und das ist entweder Football oder spektakuläre Meldungen, die ich von anderen Seiten übernehme. Ich veröffentliche ausschließlich News. Ob das, was ich dort schreibe, wahr ist oder nicht, weiß ich gar nicht." Der Mann fährt fort: "Ich mache das ausschließlich wegen der Google Ads." Und warum spielen dann Meldungen rund um Donald Trump solch eine große Rolle? "Weil es das ist, was die Amerikaner am meisten lesen."
Eine gewisse Sympathie für den republikanischen Kandidaten könne nicht ausgeschlossen sein, vermuten die mazedonischen Journalisten. Bei ihren Recherchen stießen sie jedoch bei allen Propagandaseiten-Betreibern weder auf eine Parteimitgliedschaft noch auf sonstige auffällige politische Aktivitäten. Offensichtlich geht es vor allem ums Geld. 5.000 US-Dollar und mehr, so schätzen Experten, kann ein Website-Betreiber mit einer solchen Propagandaseite im Monat verdienen – in Mazedonien ein fürstliches Salär.
250.000 Likes für eine Obama-Lüge
Glaubt man einem Interview in der "Washington Post", dann macht das Fake-News-Geschäft nicht nur Osteuropäer reich. Mitte November sprach die "Washington Post"-Journalistin Caitlin Dewey mit dem Briten Paul Horner. Er gilt als der Großmeister der Fake-News-Verbreitung im Netz und sieht seine Arbeit vor allem als Satire. Der 39-Jährige aus Liverpool setzt primär auf Facebook als Viral-Booster. Als er im Social Network die Meldung verbreitete, US-Präsident Obama beabsichtige, die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen zu annullieren, brachte ihm das 250.000 Facebook-Likes ein.
Auf die Frage der Journalistin, was sich gegenüber früher verändert habe, antwortete Horner: "Die Leute sind heute dümmer. Die glauben alles. Ein Faktencheck findet nicht statt." Dennoch geht es ihm bei der Sache offenbar nicht nur darum, Leute zu veralbern: In dem Interview beziffert Horner sein Monatseinkommen auf rund 10.000 US-Dollar, vor allem durch Anzeigenerlöse von Google Adsense.
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Coler hat inzwischen ein Netz aus Dutzenden von Websites, die alle von Fake News leben. Bis zu 25 Autoren arbeiten für ihn, so sagt er im NPR-Interview. Sein ursprünglicher Plan sei es gewesen, die Ultrarechten mit immer absurderen Stories zu füttern - und diese dann öffentlich zu entlarven. Daneben lässt es sich vom Geschäft vortrefflich leben: Im Gespräch mit NPR beziffert Coler sein Einkommen auf bis zu 30.000 US-Dollar im Monat.
Eine entscheidende Rolle für den finanziellen Erfolg spielen die hochautomatisierten Anzeigenplattformen von Google, Facebook, Amazon, Appnexus und anderen. In Zeiten, in denen Mediaplaner immer seltener nach genuinen Themenumfeldern suchen und sich immer häufiger auf ihr User-Targeting verlassen, ist es ein Kinderspiel, einem Ad Network eine Seite unterzujubeln, die auf den ersten Blick aussieht wie ein seriöses Medium.