Wir befinden uns im Transformationsprozess

Die HR-Portal Haufe Suite als Kernprodukt

von - 10.03.2015
com!: Auf der Haufe-Webseite werden 148 Produkte für Human Resources (HR) angeboten. Um welche Hauptgruppen handelt es sich da?
Umsatzanteile der Haufe Gruppe: Die Umsatzverteilung der Haufe Gruppe hat sich in den vergangenen knapp 15 Jahren massiv verändert (Quelle: Haufe).
Umsatzanteile der Haufe Gruppe: Die Umsatzverteilung der Haufe Gruppe hat sich in den vergangenen knapp 15 Jahren massiv verändert (Quelle: Haufe).
Reithwiesner: Man muss hier bedenken, dass wir als einer der Marktführer eigentlich die ganze Palette abdecken. Es gibt kaum ein Unternehmen in Deutschland, das nicht mit unseren Produkten arbeitet. Das wesentliche Kernprodukt ist unser HR-Portal Haufe Suite. Aus diesem Produkt heraus können unsere Kunden auf fast alle digitalen HR-Produkte wie die Fachdatenbank Haufe Personal Office zugreifen. Das Ganze wird ergänzt durch die Software Umantis Talent Management, die Workflows und Prozesse rund um Mitarbeiter und Vorgesetzte organisiert.
Für Aus- und Weiterbildungsprozesse bietet unser Tochterunternehmen Semigator eigene Lösungen an – ein Bereich, in dem größere Unternehmen sehr viel tun, mit entsprechend ausgestatteten Budgets. Auf der anderen Seite wissen sie oft überhaupt nicht, welcher Mitarbeiter welche Schulungen besucht hat oder wie es mit dem Feedback aussieht.
com!: Wie sieht generell Ihre Cloud-Strategie aus?
Reithwiesner: Im Marktsegment der Kleinst- und Kleinunternehmen haben wir laut GfK einen Marktanteil von circa 85 Prozent. Auch hier stellen wir mittlerweile einen Trend hin zu unserer Cloud-Lösung Lexoffice fest. Hier liegen die Rechnungs- und Buchhaltungsdaten inzwischen auf unseren Cloud-Servern. Die Kunden und ihre Steuerberater können gleichermaßen bequem darauf zugreifen.
Bei älteren Lösungen liegen sie meistens noch On-Pre­mise, wobei wir an einer schrittweisen Umstellung auf Cloud-Speicherplatz arbeiten. Diese „Cloudifizierung“ ist auch für jene Kunden interessant, die von unterwegs auf wichtige Geschäftsdaten zugreifen wollen.
com!: Planen Sie eine Ausweitung dieser Cloud-Angebote auf andere Produktgruppen Ihres Hauses?
Reithwiesner: Ja, auf jeden Fall. Auf diesem Gebiet befinden wir uns in einem ganz klaren Investitionsmodus. Natürlich haben wir es hier in Deutschland noch mit einer gewissen Zurückhaltung bei vielen Kunden zu tun.
com!: Wie wollen Sie diese Zurückhaltung aufbrechen?
Reithwiesner: Zu diesem Thema haben wir ein paar Beobachtungen gemacht. Erstens ist man in Deutschland häufig vorsichtiger, als das zum Beispiel in den angelsächsischen oder nordeuropäischen Ländern der Fall ist. Das ist so. Zweitens muss man zwischen emotionalen und faktischen Bedingungen unterscheiden: Emotional löst sich diese Abwehrhaltung zunehmend auf, weil es auch immer mehr Menschen in ihrem Consumer-Alltag gewohnt sind, Cloud-Angebote zu nutzen – von Online-Speicher bis zu Streaming von Film- oder TV-Inhalten. Faktisch ist es so, dass wir nach wie vor mit Sicherheitsbedenken zu kämpfen haben.
com!: Viele der Produkte, die Ihr Unternehmen anbietet, müssen ja auf sensible nationale Regeln und Gesetze Rücksicht nehmen und laufend angepasst werden. Schmälert das nicht Ihr Auslandsgeschäft? Oder anders gefragt: Wie hoch sind Ihre Umsätze im Ausland gegenüber dem inländischen Anteil?
Reithwiesner: Der ist aktuell noch nicht sehr groß und liegt bei etwa zehn Prozent. Wir machen das übrigens erst seit etwa anderthalb Jahren. Der Umsatzanteil wächst aber bereits stärker als das Stammgeschäft.
com!: Können Sie auch sagen, wie hoch der Umsatz mit den modernen Softwarelösungen gegenüber dem klassischen verbleibenden Buchgeschäft ist?
„Wir haben nach wie vor mit Sicherheitsbedenken zu kämpfen.“
Reithwiesner: Der klassische Buchanteil mit Print only macht noch etwa vier Prozent des Umsatzes aus.
com!: So wenig?
Reithwiesner: Ja. Dann gibt es noch unseren Portal-Bereich für Softwarelösungen, bei dem die Kunden teilweise Loseblattsammlungen und Ähnliches hinzukaufen. In der Regel sind das Kombinationsangebote, bei denen die Kunden online recherchieren und arbeiten, aber manches lieber doppelt auf Papier zum Nachlesen besitzen möchten. Wenn man noch unser Dienstleistungsgeschäft abzieht, macht unser reiner Umsatz mit Software und Lösungen heute den Löwenanteil von knapp 80 Prozent aus.
com!: Der Markt für HR- und weitere Business-Software wird nach wie vor von den ganz großen Playern wie Oracle, SAP oder IBM bestimmt. Wie können Sie sich gegen die behaupten oder sich sogar bei Ausschreibungen durchsetzen?
Reithwiesner: Bei denen tut sich nicht so viel in Sachen Cloud. Das hat man gerade erst wieder bei SAP gesehen, wo man sich durch den Zukauf von Success Factors in diesem Bereich verstärkt hat. SAP sehen wir da wenig, aber Success Factors ist sicher einer unserer Hauptmitbewerber.
com!: Aber haben nicht SAP und die anderen wichtigen Hersteller wie Oracle und IBM den Markt bei den großen Unternehmen schon allein dadurch besetzt, dass sie auch sonst mit sehr vielen Produkten dort präsent sind?
Reithwiesner: Man muss da unterscheiden. Die sind mit den sonstigen Produkten drin, das ist richtig. Aber wir profitieren davon, dass es bisher viele HR-Produkte noch gar nicht gegeben hat in Softwareform wie zum Beispiel Talent-Management-Lösungen wie Umantis Talent Management. Wir sehen auch, dass sich IT mehr zu den Fachabteilungen hin bewegt und dort über Anschaffungen entschieden wird, was uns zugutekommt. Wir sehen zwei große Stränge: einmal alles, was sich um die Kunden des Unternehmens dreht – die Domäne von Salesforce.com und Pega –, und dann alles, was mit HR zu tun hat. Bei HR wachsen neue Anbieter wie Workday, Success Factors und Haufe stärker als die klassischen Anbieter. Wir kommen eher von den fachlichen Lösungen und sind generell gut bekannt im Markt, während die klassischen Anbieter mehr von den IT-Prozessen her kommen. Wir sehen uns insofern recht gut aufgestellt.
com!: Haufe hat den Weg zur digitalen Transformation erfolgreich bewältigt. Inwiefern sehen Sie sich als Vorbild für andere Firmen?
Reithwiesner: Nein, wir sind kein Vorbild. Ich glaube, es gibt keinen Königsweg, den man nehmen und kopieren kann. Jedes Unternehmen muss aufgrund seiner strategischen Position und Ausgangslage im Markt selbst bestimmen, was erstrebenswert und aus der Historie heraus machbar ist. Bei uns spielte zum Beispiel anfangs eine eher zufällige Rolle, dass wir vor vielen Jahren noch ohne große strategische Ziele die Lexware-Produkte übernommen hatten. Damit hatten wir plötzlich Zugang zu Software und haben dann das Potenzial entdeckt, das darin steckt. Man muss seine eigenen Möglichkeiten kennen und genau analysieren, wohin der jeweilige Markt geht. Etwas blind zu kopieren funktioniert nicht.
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