KI-Start-ups als Treiber für Innovationen
Schwache Finanzierung
von Klaus Manhart - 03.06.2020
Eine wichtige Metrik für die Wertschätzung von Start-ups ist das Wagniskapital. Ausreichendes Kapital ist ein entscheidender Faktor, damit ein KI-Ökosystem in einem Land entstehen kann. An den Investitionssummen, die in den jeweiligen Ländern in KI-Start-ups fließen, lässt sich deshalb gut ablesen, wie sich die jeweiligen KI-Ökosysteme entwickeln.
Ein Beispiel zeigt, um wie viel Geld es hier gehen kann und wer investiert: 2018 hatte sich das eingangs erwähnte deutsche Chatbot-Start-up E-Bot7 eine Finanzierung von 2 Millionen Euro gesichert. 2019 sammelte das junge Unternehmen erfolgreich noch einmal 5,5 Millionen Euro frisches Kapital ein - mit dem Ziel, über den deutschsprachigen Raum hinaus zu wachsen und international Fuß zu fassen.
Wie das Start-up-Portal Gründerszene berichtet, kommt das Geld vom Investor RTP Global, der auch bei dem Food-Liefer-Service Delivery Hero oder dem Sport-Flatrate-Anbieter Urban Sports Club engagiert ist, sowie den Altinvestoren 42CAP, dem Main Incubator (ein Frühphasen-Investor der Commerzbank-Gruppe) und einem Business Angel.
Solche Summen sind bei deutschen Start-ups allerdings eher die Ausnahme. Fakt ist: Es herrscht ein notorischer Mangel an Wagniskapital. Bei den Investitionen in KI-Start-ups liegt Deutschland laut der Roland-Berger-Studie mit rund 510 Millionen Dollar lediglich auf dem vierten Platz hinter Frankreich (1,3 Milliarden Dollar), Großbritannien (1,2 Milliarden) und Israel (902 Millionen). Im internationalen Vergleich ist die in Deutschland investierte Summe ein grotesk niedriger Betrag.
Die Situation ist insofern paradox, als Deutschland technologisch und in der KI-Forschung bestens aufgestellt ist. Es mangelt möglicherweise aber nicht nur an ausreichendem Risikokapital, sondern auch an den Start-ups mit den großen Ideen - und vielleicht auch an Mut. „In Nischen gibt es ein paar schöne Erfolgsgeschichten aus Deutschland - insbesondere im B2B-Umfeld“, hebt KI-Stratege Philipp Hartmann hervor. „Die großen Themen formen sich aber nicht in Deutschland. Wir sehen, dass es wenige Start-ups gibt, die groß wachsen oder die Big Problems angehen.“
Deutsche KI-Start-ups bauen vielleicht aus diesem Grund nicht selbstfahrende Autos, sondern liefern allenfalls kleine Teillösungen dafür. Die große Richtung bestimmen immer noch andere.
Fazit & Ausblick
In Deutschland gibt es also noch viel Luft nach oben, um die Situation für Gründer zu verbessern. Dies gilt umso mehr, als die etablierten Unternehmen Künstliche Intelligenz als Zukunftstechnologie noch immer nicht so richtig auf dem Schirm haben - oder nicht wirklich wissen, wie sie damit umgehen sollen. Folglich müssen es die Start-ups richten und Innovationen voranbringen.
Die Bundesregierung hat die Herausforderungen aber mittlerweile erkannt und im Rahmen ihrer 2018 verabschiedeten nationalen KI-Strategie zahlreiche Projekte und Initiativen auf den Weg gebraucht - auch und gerade für Start-ups. Eine wichtige Rolle nimmt dabei die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung ins Leben gerufene Plattform „Lernende Systeme“ ein, die die Umsetzung der KI-Strategie begleitet.
So vernetzt die Bundesregierung mit ihrer De-Hub-Initiative an zwölf Standorten Mittelstand und größere Unternehmen mit Innovationspartnern aus Wissenschaft und der Gründerszene. In den Digital Hubs arbeiten etablierte Unternehmen aus der Industrie und der Digitalbranche gemeinsam mit Gründern und Start-ups an Produkten und Dienstleistungen für die digitale Transformation.
Auch Universitäten fördern Gründer und ermuntern ihre Studenten, ihre Ideen und Visionen in anwendbare Technologien umzusetzen. Eines der größten europäischen Innovations- und Gründungszentren ist an der TU München angesiedelt. UnternehmerTUM bietet Start-ups einen Rundum-Service von der Idee bis zum Börsengang. Ein Team aus erfahrenen Unternehmern, Wissenschaftlern und Managern unterstützt die Gründer. Die Experten begleiten beim Aufbau des Unternehmens, beim Markteintritt und bei der Finanzierung - auch mit Venture Capital - mit verschiedenen Programmen. Das Accelerator-Programm TechFounders beispielsweise bereitet Start-ups mit Hilfe von Coaching und Mentoring auf eine erste Risikokapitalrunde vor und bahnt mit Partnern aus der Industrie Kooperationen an. Und die Hightech-Werkstatt der UnternehmerTUM MakerSpace bietet einen Maschinenpark für den Prototypenbau und die Kleinserienfertigung.