Interview mit Stefan Schmidt von Unibright

So nutzt der Mittelstand die Blockchain

von - 18.06.2018
Blockchain
Foto: Sashkin / Shutterstock.com
Wie die Blockchain für die Geschäftswelt nutzbar gemacht werden kann, erläutert Stefan Schmidt, Chef des IT-Dienstleisters und Blockchain-Spezialisten Unibright im Interview.
Stefan Schmidt
Stefan Schmidt, Chef des IT-Dienstleisters und Blockchain-Spezialisten Unibright
(Quelle: Unibright)
Blockchain-Anwendungen gelten als Mega-Trend der nächsten Jahre. Stefan Schmidt, Chef des IT-Dienstleisters und Blockchain-Spezialisten Unibright, sagt, was hinter dem Buzzword steckt, und erklärt, wo sich Einsatzfelder für den Mittelstand bieten.
com! professional: Alle reden derzeit über die Blockchain, aber kaum jemand weiß wirklich, was sich dahinter verbirgt. Wie würden Sie die Blockchain erklären?
Stefan Schmidt: Blockchain ist ein Begriff, der unterschiedlich ausgelegt werden kann. Für manche ist es ein Trend, andere verwenden ihn als Synonym für das ganze Thema Krypto­währungen und Bitcoins. Wir definieren ihn eher technologisch. Denn eine Blockchain ist erst einmal nichts anderes als eine Datenstruktur, eine Kette von einzelnen Blöcken. Um den momentanen Zustand einer kompletten Blockchain beurteilen zu können, benötigt man alle vo­rangegangenen Blöcke. Man kann es sich wie ein Kassenbuch aus der Buchhaltung vorstellen. Am Anfang steht dort: Kontostand ist null, ­alle weiteren Transaktionen nehmen dann einzelne Blöcke ein. Es ist also eine verkettete Liste und die Verkettung ist durch kryptografische Verfahren gesichert, sodass niemand daran etwas ändern kann.
com! professional: Kann niemand einen Block entfernen?
Schmidt: Nein. Die komplette Blockchain ist immer nur dann stimmig, wenn alle Blöcke vorhanden sind.
com! professional: Welche Anwendungen sind vorstellbar?
Schmidt: Da wären zum einen Anwendungen im Bereich der Kryptowährungen, wo genau festgehalten wird, welche finanziellen Transaktionen zu welchem Zeitpunkt stattgefunden haben. Zweite Anwendungsbereiche ergeben sich durch die Dezentralisierung der Blockchain, denn sie liegt nicht an einer, sondern ist an ganz vielen Stellen verteilt. Wer ein Teil dieser Blockchain sein möchte, muss sich also die komplette Blockchain auf seinen Rechner laden. Wenn das viele Menschen auf der Welt machen, hat man ein verteiltes System, bei dem es beispielsweise nicht mehr schlimm ist, wenn einer von ihnen seinen Rechner ausschaltet oder wenn ­einer versucht, seine Blockchain zu manipulieren. Das System würde es erkennen, weil die Kette in 99,9 Prozent der Fälle anders aussieht. Die Masse an Knoten sorgt dafür, dass die Gesamtaussage des Systems weiterhin stimmt.
com! professional: Das bedeutet: Ein zentraler Punkt ist die absolute Transparenz.
Schmidt: Niemand kann ein Geheimwissen haben, das er an dem Rest der Kette irgendwie vorbeischmuggeln könnte.
com! professional: Ist die Blockchain auch für Marketing und Werbung interessant?
Schmidt: Es gibt Blockchain-­Implementierungen, bei denen nicht nur Werte gespeichert werden können, sondern auch Programm-Codes. Das sind sogenannte Smart Contracts, intelligente Verträge, ein Anwendungsbereich, in dem wir mit Unibright sehr aktiv sind. Da­rüber können wir für Unternehmen die unterschiedlichsten Anwendungsbereiche abbilden. Wir haben keine vorkonfektionierten Blockchains für das Marketing, aber Smart Contracts, die bestimmten Anwendungsfällen genügen.
com! professional: Haben Sie dafür ein Beispiel?
Schmidt: Beispiel Checkliste. So etwas hat man früher auf Papier gemacht. Darauf müssen bestimmte Punkte abgearbeitet werden, ­bevor etwa einer Display-Ad die Freigabe zur Auslieferung erteilt wird. Jetzt setzen alle Beteiligten nicht mehr ihren Haken auf eine Liste, sondern schicken ihr Update an den Smart Contract. Alle Beteiligten können darin sehen, wer wann in welchen Fällen seine Zustimmung gegeben hat – Missverständnisse sind ausgeschlossen. So einen Genehmigungsprozess kann man sich in der Werbebranche genauso vorstellen wie im Gesundheitsmanagement oder im produzierenden Gewerbe.
com! professional: Betreuen Sie Kunden, bei denen so ein Smart Contract implementiert wurde?
Schmidt: Wir arbeiten zum Beispiel für ­einen Schmuckhersteller. Der Schmuck wird in Deutschland designt, aber in Fernost gefertigt. Der Approval-Prozess besteht darin, dass die verschiedenen Abteilungen der Firma ihr Okay geben müssen: ob das Muster des Designs den Vorgaben entspricht, ob die Materialien richtig sind, ob die Fotos für den Webshop fertig sind et cetera. Erst wenn alle ihre Zustimmung erteilt haben, geht der Schmuck in den Verkauf.
com! professional: Könnte man dies nicht auch in einem zen­tralen IT-System abbilden?
Schmidt: Theoretisch schon. Aber in dem Moment, wo ein Hersteller aus Fernost ­dazukommt, dem man aus technischen oder juristischen Gründen keinen Zugriff aufs IT-System geben will, ist der Freigabeprozess über eine Blockchain die viel bessere Lösung.
Wir müssen keine drei Anwälte in verschiedenen Ländern ­beschäftigen, wir brauchen keinen komplizierten Austausch irgendwelcher ­Daten, alle können sich auf den Smart Contract in der Blockchain ­beziehen.
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